Im 1751 erschienenen ersten Band der „Historischen Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg“ von Johann Christoph Bekmann und Bernhard Ludwig Bekmann ist das Jagdschloss Stern soweit ersichtlich erstmalig erwähnt. Die Beschreibung auf der Seite 785 schildert die von König Friedrich Wilhelm I. in Wusterhausen und Potsdam angelegten Thiergärten und enthält eine Darstellung des Gebäudeensembles an dem ursprünglich 16-strahligen Potsdamer Jagdstern, „welches dem Ort ein sehr schönes Ansehen macht, und der der Grosse Stern genennet wird“. Der Autor stellt alle drei Häuser und ihre jeweilige Nutzung vor und belegt damit zugleich die Existenz des später abgetragenen königlichen Jagdpavillons, der hiernach dem König als Unterkunft diente, während der mit den Geweihen des Großen Hans (zum Großen Hans siehe auch die Ausführungen auf der Seite 778) dekorierte Saal im Jagdschloss zum Speisen genutzt wurde. Mit dem dritten Gebäude mit 12 Gemächern, in dem sich das ganze Gefolge einquartierte, ist zweifellos das Kastellanhaus gemeint, während der ehemalige Pferdestall und die weiten Nebengebäude nicht gesondert erwähnt sind. Ungenau ist allerdings die Bemerkung, dass der König alle drei Gebäude „nach holländischer Bauart von Holz durch einen Grenadier von dero königlichem Leibregiment“ habe aufrichten lassen. Tatsächlich war nur das Jagdschloss im holländischen Stil, aber aus Ziegelsteinen gebaut, während der königliche Pavillon und das Kastellanhaus sowie der Pferdestall in traditioneller Fachwerkbauweise errichtet wurden. Die Tätigkeit eines aus Holland stammenden Grenadiers und ausgebildeten Zimmermanns namens Cornelius van den Bosch bei der Bauausführung des Jagdschlosses ist dagegen aus noch erhaltenen Bauakten belegt; die Aufsicht hatte der Ingenieur-Kapitän und Hofbaumeister Pierre de Gayette. Die Erwähnung dieses Details im Gegensatz zu der offensichtlich falschen Darstellung, dass es sich sämtlich um Gebäude „nach holländischer Bauart von Holz'“ handele, weist darauf hin, dass der Autor den Ort nicht selbst aufgesucht, sondern sich bei seinen Beschreibungen auf Erzählungen oder andere Quellen gestützt hat.
Die Passage zum Jagdschloss Stern finden Sie hier:
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Ein bemerkenswertes Detail ist die Beschreibung, dass auf einem dieser Häuser (wohl am Jagdschloss) oben die Fabel des Actaeon abgebildet sei mit folgender holländischer Aufschrift:
Laet geen oog wyt heen schyten,/ Want het kan tot quaad gedien,/ Dat gy niet en moogt genieten,/ En behoeft gy niet de Zien.
zu Deutsch:
Lass den Blick nicht weit umherschweifen,/ denn es kann zum Unheil führen,/ auf dass ihr nicht möget genießen,/ was ihr nicht sehen solltet.
Diese Umschrift verweist auf die aus Ovids Metamorphosen bekannte Version der Sage des Jünglings Actaeon (griech. Aktaion), der auf der Jagd die Göttin Diana beim Bad überrascht, woraufhin sie ihn in einen Hirsch verwandelt und er von seinen eigenen Hunden zerfleischt wird.
Danach war seinerzeit über der Eingangstür des Jagdschlosses wohl eine Holztafel mit einem Gemälde der Verwandlung des Actaeon und mit diesem Sinnspruch befestigt. Solche Tafeln waren in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts sehr verbreitet (vgl. Hieronymus Sweerts, Koddige en ernstige Opschriften op Luyffens, Wagens, Glazen, Uithangborden en andere Taferelen, Amsterdam 1698) und es ist anzunehmen, dass Friedrich Wilhelm I. ein solches Tafelgemälde mit dem sowohl zur Hirschjagd als auch zum vertraulichen Charakter der geselligen Runden des Königs passenden Motiv in den Niederlanden erworben hatte und an seinem holländischen Jagdhaus anbringen ließ. Vor dem Hintergrund dieser Beschreibung bei Bekmann hat der Potsdamer Bauhistoriker Norbert Blumert die sehr nachvollziehbare Vermutung geäußert, dass das nachweislich erst Anfang des 19. Jahrhunderts über der Tür angebrachte Relief mit jagdlichen Motiven nicht den Kopf der Göttin Diana zeigt, sondern tatsächlich den Kopf des Jägers Actaeon, der durch das Laub schaut, bevor er von Diana und ihren Gefährtinnen entdeckt und so grausam bestraft wird (Norbert Blumert, Friedrich Wilhelm I. als Städtebauer, Jäger und Hollandverehrer. Mit einem Plädoyer für ein forst- und jagdgeschichtliches Museum am Potsdamer Jagdschloss Stern, in: Frank Göse/Jürgen Kloosterhuis, Mehr als nur „Soldatenkönig“ (2020), S. 337 ff.). Damit wäre das ursprüngliche Motiv hier in künstlerisch abgewandelter Form wieder aufgegriffen worden.
Am Ende der Beschreibung Bekmanns folgt die lakonische Bemerkung, dass beide diese Thiergarten nach 1740 (dem Todesjahr des Königs) aber allgemach wieder eingegangen seien.
Zu den Autoren:
Johann Christoph Bekmann wurde 1641 in Zerbst geboren und wirkte bis zu seinem Tode im Jahre 1717 an der Universität Frankfurt (Oder). Er hatte dort nacheinander die Professuren für Griechisch, Geschichte und Theologie inne und publizierte zahlreiche Werke in mehreren Fachgebieten. 1707 erteilte ihm der preußische König Friedrich I. den Auftrag, eine Geschichte der Mark Brandenburg zu verfassen. Zu diesem Zweck wurden Fragebögen an Pfarrämter und Magistrate verschickt, Literatur ausgewertet und Archive durchforscht. Die Drucklegung der riesigen Materialsammlung erlebte Bekmann jedoch nicht mehr.
Erst sein Großneffe Bernhard Ludwig Bekmann (1694–1760), Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium, setzte 1740 auf Wunsch Friedrichs des Großen die Arbeiten fort. 1751 und 1753 erschienen daraufhin zwei Bände der „Historischen Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg“. Während der erste Band eine allgemeine Landeskunde enthält, folgte im zweiten Band eine detaillierte Beschreibung der links und rechts der Elbe gelegenen Altmark und Prignitz. Eine Fortsetzung für andere märkische Landschaften unterblieb vermutlich aus Kostengründen. Die unveröffentlichten Handschriften werden im Geheimen Staatsarchiv Berlin aufbewahrt.
2 Responses to “Historische Beschreibung des Jagdschlosses Stern von 1751”
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[…] Im Juli 1730 begleitet Adjutant v.Hacke den König auf der verhängnisvollen Reise über Ansbach-Bayreuth an den Niederrhein, bei der der Fluchtversuch des Kronprinzen scheitert und zur Inhaftierung Friedrichs mit der späteren Hinrichtung seines Freundes Hans Herrmann v.Katte (1704-1730) führt. Auf der Reise ist der König Gast des ebenso jagdbegeisterten Landgrafen Ernst Ludwig v. Hessen-Darmstadt (1688-1739) und nimmt an einer für ihn veranstalteten Parforcejagd teil. Offenbar entsteht dort die Idee zur Ergänzung des Potsdamer Jagdsterns um ein Gebäudeensemble nach einen leider bisher nicht identifizierten Vorbild. Im Nachsatz eines Schreibens v.Hackes an den Ober- und Hofjägermeister Graf v.Schlieben vom 17. Oktober 1730 heißt es „Daß allhier auff dem Stern ein groß Hauß soll gebauet werden, wißen Euer Excellence schon“ (GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 13 Forstdepartement, Generalia, Tit. XXIX, Nr. 2, Bd. 1 Bl. 144v.). Im Dezember 1730 dankt Friedrich Wilhelm I. dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt für ein von ihm übersandtes Modell und teilt ihm mit, dass er in Potsdam ebenfalls ein Jagdhaus danach errichten wolle: „Es hat der von Euer Liebden abgeschickte Modellier das ihm anvertrauete Schreiben nebst dem Model von Dero Jagthause wohl überbracht, und ich finde daßselbe recht artig. Ich werde mich auch selbst ein Jagthauß darnach bauen laßen, und bin Euer Liebden besonders davor obligieret, daß Sie mir die Gefälligkeit haben erzeigen und solches anhero senden wollen“ (GStA PK, I. HA, Rep. 96 B Nr. 1 Bl. 277 v, Nr. 6372). Zugleich werden Zahlungen von 100 Talern an den Modellier und 20 Talern an den darmstädtischen Knecht, der offenbar das Modell mit überbracht hat, angewiesen. Im April 1731 verzeichnen die Kabinettsminüten die Anweisung von Baumaterialien „zu denen beyden Häusern, welche in dem hiesigen Parforce Garthen auf dem Stern gebauet werden sollen und dass der Capitain v.Hake dero Regiments und in deßen Abwesenheit der Lieutenant v.Hoffstedt den Bau derer beyden Häuser in dem hiesigen Parforce Garthen besorgen und die Rechnung darüber führen sollen“ (GStA PK, I.HA Rep. 96 B, Nr. 5, fol. 102 VS, Eintrag 330 und 331). Hauptmann v.Hake wird hiermit die Vertretung des Bauherrn und Verantwortung für die Bezahlung der Handwerker übertragen. In den Akten finden sich bis Ende 1732 Belege für mehrere Zahlungsanweisungen an v.Hacke „zu dem Holländischen Hause„, „zum Brunnen im Neuen Haus“ „zu dem andern Hause„, „zu das 3te Hause im Stern“ sowie „zum Neuen Stall im Parforce Garten„. Aus den erhaltenen Materialaufstellungen und Zahlungsbelegen schließt der Potsdamer Bauhistoriker Norbert Blumert gut nachvollziehbar, dass das gesamte Gebäudeensemble am Stern (das hier als holländisches Haus bezeichnete Schloss, der königliche Pavillon, das Kastellanhaus und der Pferdestall) in diesem Zeitraum errichtet wurde und das Modell aus Hessen-Darmstadt Vorbild jedenfalls für die beiden Pavillonbauten gewesen sein könnte (Norbert Blumert, Jagdschloss Stern, in: Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte Bd. 66 (2015),S. 143 ff. und ders., Friedrich Wilhelm I. als Städtebauer, Jäger und Hollandverehrer, in: Frank Göse/Jürgen Kloosterhuis (Hrsg.), Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I., S. 337 ff., jeweils m.w.N.; siehe auch den Beitrag Der ehemalige königliche Jagdpavillon am Stern). Besonders interessant ist auch das folgende, in den Kabinettsminüten wie üblich in Anrede und Grußformel abgekürzt dokumentierte Schreiben Friedrich Wilhelms I. an v.Hacke: „Mein Lieber etc, Ich bin zufrieden, daß der Holländer noch vor 150. thlr. allerley Arbeit verfertiget, welches Ihr demselben bekannt zu machen geruhet, Ich bin etc. Wusterhausen, den 23ten Oct. 1731“ (GStA PK, I. HA Rep. 96 B, Nr. 5, fol. 220 VS, Nr. 748). Damit ist ein eindeutiger Beleg vorhanden, dass zumindest ein holländischer Handwerker am Bau des Jagdschlosses mitgewirkt hat. Möglicherweise war hiermit der aus Holland stammende Grenadier und Zimmermeister Cornelius van der Bosch gemeint, der in den Akten auch im Zusammenhang mit der Quittierung von Bauholzlieferungen erwähnt ist und ebenfalls bei anderen großen Bauvorhaben in Potsdam, darunter dem Bau der Garnisonkirche tätig war. Dies passte auch zu der Überlieferung, wonach der König sein Jagdhaus am Stern von holländischer Bauart von einem Grenadier von dero Leibregiment habe aufrichten lassen (Bekmann, Johann Christoph / Bekmann, Bernhard Christoph, Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg (1751), Bd. 1, S. 786; siehe auch den Beitrag Historische Beschreibung des Jagdschlosses Stern von 1751). […]
[…] in Potsdam, darunter dem Bau der Garnisonkirche tätig war. Dies passte auch zu der in der „Historischen Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg“ von Johann Christoph und … wiedergegebenen Überlieferung, wonach der König sein Jagdhaus am Stern von holländischer Bauart […]