Jul 152022
 
Detail Zustand vor der Restaurierung

Auf älteren Abbildungen des Jagdschloss Stern ist im Oberlicht über der Tür zum Saal eine mittig eingelassene Glasscheibe zu sehen, die nach übereinstimmenden Beschreibungen farbig gefasst war und den eingeschliffenen Stern des Schwarzen Adlerordens unter einer Krone sowie die Jahreszahl 1714 getragen haben soll.

Detail Ansicht des Jagdschlosses Stern mit Kaiser Wilhelm I. um 1880

Ausschnitt einer Lithographie Jagdschloss Stern um 1880

Dieses charakteristische Detail führte im 19. Jhdt. zu der falschen Annahme, dass das Jagdschloss Stern bereits im Jahr 1714 errichtet worden sei (siehe die Beiträge Unerwartete Unterbrechung und Neue Fundstücke vom Jagdschloss Stern). Erst jüngst wurde die Vermutung geäußert, dass die Glasscheibe ursprünglich aus dem bereits 1767 abgebrochenen königlichen Pavillon stammte und daher einen Beleg für dessen Entstehungszeit bilden könnte (Forschungen zum Jagdschloss Stern_ Der verschwundene Pavillon – Wissenschaft – PNN). Tatsächlich wurde das gesamte Gebäudeensemble am Stern in den Jahren 1730-32 errichtet (siehe den Beitrag zu Hans Christoph Friedrich Graf v. Hacke).

Leider fehlt eine Detailaufnahme dieser zwischenzeitlich verloren gegangenen Glasscheibe, die näheren Aufschluss über ihre Entstehung und ggf. auch Datierung geben könnte. Da der Schwarze Adlerorden durch den Vater Friedrich Wilhelms I., den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., am 17. Januar 1701, dem Tag vor seiner Selbstkrönung zum König in Preußen, gestiftet wurde, und Friedrich Wilhelm I. bereits am 25. Februar 1713 seine Nachfolge antrat, ist ein Bezug des Ordens zum Jahr 1714 nicht ohne weiteres herzustellen. Zudem zeigt der Bruststern des Schwarzen Adlerordens den preußischen Adler im Sternenkranz mit der Aufschrift „suum cuique“ (lat. Jedem das Seine), nicht aber zugleich auch eine Krone über dem Stern.

Friedrich Wilhelm I. mit dem Schwarzen Adlerorden

Friedrich Wilhelm I. mit dem Schwarzen Adlerorden

Bei einer Recherche zu dem für die Glasscheibe am Jagdschloss Stern beschriebenen Motiv konnte jedoch eine verblüffende Übereinstimmung zur Rückseite der im Jahr 1714 erstmals geprägten Golddukaten Friedrich Wilhelms I. festgestellt werden. Auf der Rückseite dieser Münze ist in der Tat der Ordensstern mit einer aufgesetzten Krone und unten mit den Initialen des Münzmeisters (HFH) und der Jahreszahl 1714 abgebildet. 

Dukat 1714

Dukat 1714

 

Möglicherweise hat der Glasschleifer schlicht dieses Motiv samt Krone und Jahreszahl kopiert und damit unbeabsichtigt das Rätsel über die Entstehungszeit des Jagdschlosses Stern ausgelöst.

Offen bleibt, wann genau diese Scheibe in die Verglasung über der Eingangstür zum Jagdschloss Stern eingelassen wurde. Die um 1790 entstandene Gouache von Nagel zeigt jedenfalls eine ebenmäßige Verglasung, so wie sie bei der Restaurierung des Jagdschlosses in den 1980er Jahren auch wieder so hergestellt wurde.

Ausschnitt Gouache von j.F. Nagel um 1790

Ausschnitt Gouache von J.F. Nagel um 1790

Die bei seinem Besuch des Jagdschlosses Stern im Juni 1869 von Theodor Fontane (1819-1899) gefertigte Skizze der Fassade zeigt dagegen deutlich ein Sternmotiv sowohl im Giebel als auch über dem Eingang zum Saal.

Skizze von Theodor Fontane Notizbuch 1869

Skizze in Theodor Fontanes Notizbuch von 1869

Die präzise Beobachtungsgabe Fontanes ist übrigens auch an der Wiedergabe der heute ebenfalls nicht mehr vorhandenen Giebelbekrönung zu erkennen, die möglicherweise zeitgleich mit dem ebenfalls nachträglich eingefügten Sternrelief am Giebel entstand. In der Graphischen Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten findet sich eine Aufmaßzeichnung zur Fassade des Jagdschlosses von 1877, die den Giebelaufsatz, das Sternrelief im Giebel und ebenso die zentrierte Glasscheibe im Oberlicht über der Eingangstür zum Saal belegt. 

Aufmaßzeichnung von F. Fleschner 1877

Aufmaßzeichnung von F. Fleschner 1877

Auch die vor der Restaurierung des Jagdschlosses in den 1980er Jahren gefertigte Meßbildaufnahme zeigt noch deutlich die Fehlstelle in der Verglasung. 

Jagdschloss Stern Giebelseite 1980

Jagdschloss Stern Giebelseite 1980

 

Detail Zustand vor der Restaurierung

Detail Zustand vor der Restaurierung

So ist zwar das Rätsel des verschwundenen Sterns über der Tür zum Saal noch nicht endgültig gelöst, aber vielleicht doch ein Stück weiter aufgeklärt.

Sorry, the comment form is closed at this time.