Aug 022020
 
Faßmann Titel

Eine sehr detaillierte Beschreibung der Jagd am Hof Friedrich Wilhelms I. enthält die im Jahr 1735 in Hamburg und Breslau anonym erschienene Veröffentlichung „Leben und Thaten des Allerdurchlauchtigsten und Großmächtigsten Königs von Preußen Friederici Wilhelmi  Biß auf die gegenwärtige Zeit aufrichtig beschrieben“ von David Faßmann.

David Faßmann (1685-1744) war ein zu seiner Zeit recht bekannter Autor und Mitglied der Königlich Preußischen Sozietät der Wissenschaften. Im Tabakskollegium unterhielt er als Spaßmacher und „Neuigkeitserzähler“ neben Jacob Paul von Gundling (1673-1731) den König und seine Gesellschaft. Als dessen ärgster Feind und Konkurrent um die Gunst des Königs hielt Faßmann auch die despektierliche Leichenpredigt auf den im April 1731 verstorbenen und auf Geheiß des Königs als letzte Demütigung in einem Weinfaß bestatteten Gundling. Er verließ Preußen bereits im selben Jahr, weil der König nach dem Tod Gundlings ihm zwar dessen Gehalt, nicht aber auch, wie Faßmann verlangt habe, einige der von ihm verwalteten Ämter und Titel bewilligen wollte (vgl. Theodor Hirsch, Allgemeine Deutsche Biographie 1877, S. 580 f.). Bei wechselnden Aufenthalten in den Nachbarländern verfasste er neben anderen Arbeiten meist historischen Inhalts auf Grund eingehender Beschäftigung mit der Tagesliteratur und nach eigenen Erlebnissen und Erfahrungen nacheinander zwei Aufsehen erregende Biographien zu König August II von Polen im Jahr 1734 und 1735 die als sein Hauptwerk geltende Darstellung zu Friedrich Wilhelm, der er 1741 einen zweiten Band zu den wichtigsten gesetzgeberischen Akten des Königs hinzufügte. Diese Bücher karikierten in detailreichen Schilderungen die Äußerlichkeiten des Lebens und der Personen am Königshof. Sie wurden von der Zensur verfolgt und vielleicht auch deswegen um so eifriger gekauft und in Übersetzungen verbreitet.

Die Schilderungen Faßmanns sind bei aller gebotenen Vorsicht im Hinblick auf seine schillernde Persönlichkeit und gelegentliche Übertreibungen eine unschätzbare zeitgenössische Quelle gerade auch zu den aus eigenem Erleben geschilderten Alltäglichkeiten und Umständen am königlichen Hof.

 

Ein Digitalisat dieses ganz selten auch noch im antiquarischen Buchhandel zu findenden Werks ist in der Deutschen Digitalen Bibliothek (https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/) veröffentlicht. Die nachfolgend verlinkten Seiten stammen aus dem in der Bayerischen Staatsbibliothek München vorhandenen Exemplar der Erstausgabe (Fassmann Leben und Thaten Titel). 

Das Kapitel zur königlichen Jagd (Fassmann CAP. XXI , S. 876 ff.), besonders zur Par force Jagd, bezieht sich zwar vor allem auf die Jagdsaison in Königs-Wusterhausen, ist für uns aber nicht zuletzt deswegen besonders interessant, weil explizit auch der 1726 angelegte Potsdamer Parforce-Garten gewürdigt wird: „Der Par force-Jagd wegen haben Ihro Maj.  der König, in der Gegend von Potsdam, einen ziemlich grossen sogenannten Par force-Garten anlegen lassen, der im Umfang etliche Teutsche Meilen in sich fasset, weshalb man damals, als er angeleget worden, in denen Holländischen Zeitungen gelesen: Ihro Majestät der König hätten, zu solchem Par force-Garten so viel Land genommen, als mancher kleiner Fürst in Teutschland besässe.“ (S. 882). 

Dass das Jagdschloss Stern selbst nicht erwähnt ist, mag daran liegen, dass Faßmann bereits im Jahr 1731, also noch vor dessen Fertigstellung, das Land verlassen hatte und so anders als das ihm gewiss auch durch das Tabakskollegium bekannte Schloss Königs-Wusterhausen und die dort verbrachte Jagdsaison nicht aus eigener Anschauung erlebt haben dürfte. Dafür werden in Faßmanns Werk die zur Jägerey gehörigen Angehörigen des Hofes benannt, darunter auch der auf dem bekannten Gemälde des Tabakskollegiums in Königs Wusterhausen in rotem Rock und mit Reitstiefeln abgebildete Ober- und Hofjägermeister Georg Christoph Graf v. Schlieben (1676-1748) (Fassmann Jägerey, S. 632). Dort ebenfalls erwähnt ist der später auch zum General-Adjutant des Königs ernannte Hofjägermeister Hans Christoph Friedrich von Hacke (1699-1754). Hacke war 1715 als 16-jähriger in das Königsregiment (die sog. Langen Kerls) eingetreten und gehörte nicht nur wegen seiner Körpergröße zu den von Friedrich Wilhelm I. besonders geschätzten Offizieren. Nach dem Tod des Soldatenkönigs wurde er von Friedrich II. als Chef des neu geschaffenen Feldjägerkorps eingesetzt und brachte es später bis zum Generalleutnant und Berliner Stadtkommandanten (Hackescher Markt).  

Ebenfalls sehr interessant sind die im vorhergehenden Kapitel erfolgten Darstellungen Faßmanns zu der entgegen den tendenziösen Erinnerungen der ältesten Tochter des Königs, Wilhelmine v. Bayreuth, offenbar doch reichhaltigeren königlichen Tafel (Fassmann Tafel , S. 858 ff.), bei der auch die für damalige Verhältnisse bemerkenswerte Reinlichkeit Friedrich Wilhelms I. und seine  Freude an der eigenhändigen Zubereitung beispielsweise eines frischen Salats beschrieben werden (S. 864). 

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