Sep 082016
 
Das Kastellanhaus

 

Konzept für den Erhalt und die schrittweise Wiederbelebung des kulturhistorischen Denkmals „Kastellanhaus am Jagdschloss Stern“

August 2016

 

1. Kulturhistorische Bedeutung des Kastellanhauses

Die Parforceheide mit der noch teilweise erhaltenen Jagdanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert, dem Jagdschloss Stern und dem ebenfalls aus dieser Zeit stammenden Kastellanhaus ist ein historisch wertvolles Ensemble.

Der im Oktober 2003 gegründete Förderverein Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V. (Förderverein) unterstützt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), um den Einwohnern der Landeshauptstadt Potsdam und auswärtigen Besuchern diesen besonderen Ort durch Führungen, kulturelle Veranstaltungen im Jagdschloss und auf dem angrenzenden Kastellanhausgrundstück sowie Wanderungen durch die Parforceheide nahezubringen. Der Förderverein beteiligt sich darüber hinaus an der Erhaltung bzw. dem Wiederaufbau historischer Objekte (Backofen, Schuppen, Schafstall, Pavillon, Heckenpflanzungen) und unterstützt die weitere Erschließung der Parforceheide als Wander- und Erholungsgebiet.

Das Kastellanhaus ist fester unverzichtbarer Bestandteil des Ensembles Jagdschloss Stern. Das wohl um 1730 errichtete denkmalgeschützte Gebäude ist das einzige in dieser Art noch erhaltene Bauwerk aus der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. und mit der 1732 für den ersten Kastellan erteilten Schankgenehmigung die nachweislich älteste Gaststätte Potsdams. Diese beiden Alleinstellungsmerkmale belegen die besondere kulturhistorische Bedeutung dieses Denkmals, dessen Erhaltung und Wiederbelebung im gemeinsamen Interesse von SPSG und Förderverein liegt. Dabei möchte der Förderverein die SPSG aktiv unterstützen.

Das unrestaurierte Gebäude steht seit 1992 leer, ist bautechnisch gesichert, aber sichtbar dem schleichenden Verfall preisgegeben (Dach, Schornsteinköpfe, Außenputz, Holzteile usw.). Ein externer Investor konnte bislang nicht gefunden werden.

Besucher und Anwohner, deren Zahl durch Wohnungsneubau erheblich gewachsen ist, wünschen eindringlich ein wiedereröffnetes Kastellanhaus als traditionelle Gast- und Begegnungsstätte. Der Förderverein benötigt einen festen Ort für seine Zusammenkünfte und vor allem für kleine Veranstaltungen und Ausstellungen, um seine Möglichkeiten zur Wahrnehmung seiner Aufgaben und das kulturelle Angebot erweitern zu können. Die Errichtung der für die Besucher des Jagdschlosses und Veranstaltungen des Fördervereins dringend benötigten Toiletten ist nach Aussage der SPSG nur im Zusammenhang mit einem wieder bewohnten und genutzten Kastellanhaus möglich.

2. Konzept zur schrittweisen Instandsetzung des Gebäudes und Nutzung durch den Förderverein

Aus Sicht des Fördervereins bedarf es dringend einer grundlegenden baulichen Außen- und Innensanierung des Hauses, die von der SPSG als Eigentümerin und Verkehrssicherungsverpflichtete unabhängig von der späteren Nutzungsart durchzuführen ist, um weitere Schäden an der historischen Substanz abzuwenden. Ein weiteres Zuwarten auf einen potentiellen Investor, der zur Sanierung des Objekts bereit wäre, erscheint nicht mehr vertretbar. Insbesondere die Schäden am Dach, an der Holzkonstruktion des Eingangsbereichs sowie am Außenputz im Sockelbereich müssen dringend beseitigt werden, um ein (weiteres) Eindringen von Feuchtigkeit in das Gebäude zu verhindern.

Um einen weiteren Verfall des Kastellanhauses abzuwenden und möglichst bald das Gebäude wieder nutzbar zu machen, schlägt der Förderverein ein pragmatisches schrittweises Vorgehen vor.

a) Schritte zur Herrichtung des Gebäudes

Begutachtung des Gebäudes durch Baufachleute und Festlegung der notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen,
Beseitigung der sichtbaren Schäden im Außenbereich (Dach, Putz, Holzkonstruktion),
Erneuerung der Elektroinstallationen, der Wasserinstallationen, der Abwasserentsorgung und der Toiletten im Gebäude; ggf. Schmutzwasserentsorgung über vorhandene abflusslose Sammelgrube (vgl. Bauvorbescheid vom 21. Januar 2002),
Einbau von Toiletten im restaurierten Stallgebäude.

b) Nutzung des Gebäudes durch den Förderverein

Mögliche Nutzung der Räume im Hauptgeschoss (frühere Gast-Stuben):

  1. zur Gestaltung von Ausstellungen zur Geschichte des Ensembles am Jagdschloss Stern, des Kastellanhauses und zur Parforceheide und hierauf bezogene Veranstaltungen, auch mit Unterstützung von Dritten. Aus langjähriger Erfahrung bei den vom Förderverein durchgeführten Führungen und Veranstaltungen lässt sich ein großes Interesse der Besucherinnen und Besucher an der nicht nur auf das Jagdschloss als solches bezogenen Geschichte des Ortes belegen. Zudem besteht ein besonderes Bedürfnis nach anschaulichen Darstellungen und Objekten, die nicht im Jagdschloss selbst ausgestellt oder präsentiert werden können (z.B. historische Jagdutensilien und -trophäen, alte Ansichten des Kastellanhauses und der Umgebung, bei der Ausgrabung des Backofens gefundene Gegenstände usw.). Neben einer ggf. in Kooperation mit der SPSG oder dem Potsdam-Museum zu errichteten Dauerausstellung sind auch temporäre Ausstellungen zu naturkundlichen Themen oder zur Landschaftsgestaltung denkbar, die ebenso auf großes Interesse stoßen werden. Auch für die Betreuung von Kindergarten- und Schülergruppen im Rahmen von Sonderführungen bietet sich ein Raum mit „Objekten zum Anfassen“ besonders an. Die Ausstellung wäre zunächst an den Veranstaltungstagen des Fördervereins bzw. zu den Sonderführungen zugänglich. Ggf. läßt sich mittel- bis langfristig auch eine erweiterte Öffnung bzw. Integration in ein späteres Gaststättenkonzept realisieren.
  2. für die Kaffee- und Kuchenausgabe bei den öffentlichen Veranstaltungen des Fördervereins bei schlechtem Wetter und dann ggf. auch als Sitzgelegenheit oder Unterstand für die Gäste.
  3. als Pausenraum für die Vereinsmitglieder und insbesondere als Garderobe für die auftretenden Künstler. Das Fehlen einer entsprechenden Räumlichkeit am Jagdschloss als Garderobe wird bei nahezu allen Veranstaltungen mit Musik oder anderen Darbietungen als sehr störend empfunden und die Nutzung des Lagerschuppens im Hofbereich – ebenso wie auch die fehlende Sanitäreinrichtung – als unzumutbar bezeichnet.
  4. für Mitgliederversammlungen des Fördervereins und als Seminarräume zur Nutzung durch andere Vereine oder Initiativen in Absprache mit der SPSG bzw. durch die SPSG selbst. Damit könnte das Kastellanhaus wieder als Ort der Begegnung im Stadtviertel etabliert werden.
  5. ggf. im Obergeschoss ein Büro und Besprechungszimmer für Vereinszwecke und Unterbringungsmöglichkeit für das Vereinsarchiv, die Vereinsakten oder die Broschüren zum Jagdschloss, die schon wegen des schwankenden Raumklimas im Lagerschuppen nicht dort gelagert werden können.

c) weitere Sanierung und künftige Nutzung

Die Sanierung des Obergeschosses und des Kellergeschosses kann dann in weiteren Schritten vorgenommen werden. Als Übergangslösung bis zur Wiederaufnahme eines Gaststättenbetriebs könnte der ehemalige Küchenbereich im Kellergeschoss für die Lagerung und Zubereitung von Speisen und Getränken für die Einrichtung eines Sommergartens/Biergartens in den Sommermonaten durch einen externen Betreiber genutzt werden. Da die historische Gaststätte nicht nur den Innenbereich, sondern auch den Außenbereich umfasste, wäre dies ein Schritt zur Wiederherstellung der ursprünglichen Nutzung. Ggf. findet sich als Betreiber eines Sommergartens/Biergartens ein geeigneter Gastwirt, der später einen Gaststättenbetrieb z.B. nach dem Muster des Brauereiausschanks im Forsthaus Templin einrichten kann.

3. Vorschlag zum weiteren Verfahren

Bildung einer ständigen Arbeitsgruppe aus Vertretern der SPSG und des Fördervereins, in der beginnend mit einer Begutachtung des baulichen Zustands die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen und Möglichkeiten zur Nutzung des Gebäudes besprochen und abgestimmt werden.

Der Förderverein würde es sehr begrüßen, wenn schon bis zum Tag des offenen Denkmals am 11. September 2016 mit seinem schönen Motto „Gemeinsam Denkmale erhalten“ eine grundsätzliche Verständigung über ein gemeinsames Vorgehen erzielt werden könnte.

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