Feb 012016
 

Im Frühjahr erst kann das Jagdschloss wieder besichtigt werden. Bis dahin kann Musik und Gedächtnistraining die langen Winterabende verkürzen und uns auf neue Gedanken bringen. Heute stellen wir einen zu Unrecht vergessenen Komponisten vor.

Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1772-1806)
Einige seiner Kompositionen findet man hier.

Bei den Konzerten mit Martin Betz im Jagdschloss wurde immer wieder die Frage gestellt, wie musikalisch der Bauherr Friedrich Wilhelm I. eigentlich war. Dass man ihn den Soldatenkönig nannte und dass er seinem Sohn Friedrich das Flötenspiel verbot, lässt das Schlimmste befürchten. Gewiss, sein einziger Zeitvertreib war wohl die Jagd, und er hat nie fleißig ein Instrument geübt, nie bei Hauskonzerten mitgewirkt geschweige denn etwas komponiert. Aber war er deshalb unmusikalisch?

Es wäre unwahrscheinlich. Seine Mutter Sophie Charlotte, die erste preußische Königin, war der Musik sehr zugetan. Sie sang, auch anspruchsvolle Opernarien, sie spiele Pianoforte, sie dirigierte. Sie war bestimmt keine Frau, die unbegabt irgendetwas trällerte und den Taktstock schwang, nur weil sie Königin war. Das hätte sie selbst verächtlich gefunden. Wir können sicher sein, dass sie singen, spielen und ein Orchester leiten konnte. Also wuchs Friedrich Wilhelm I. in einem musikalischen Hause auf.

Dass Sophie Charlotte ihre Musikalität vererbte und dass man in der Familie auch wusste, dass man bei aller Begabung vor allem fleißig üben muss, beweisen die Nachkommen ihres Sohnes. Friedrich II. spielte nicht nur auf hohem Niveau Flöte und ließ sich von einem der berühmtesten Musiklehrer triezen. Er komponierte auch, und durchaus nicht mittelmäßig. Bruder Heinrich spielte Geige, Schwester Anna Amalie beherrschte mehrere Instrumente und schuf Kantaten und andere Kompositionen. Neffe Friedrich Wilhelm II. – man kann über ihn denken was man will – war ein überdurchschnittlich guter Cellist. Viele andere Nachkommen von Sophie Charlotte spielten auf Niveau, komponierten und wussten, dass man dafür auch hart arbeiten muss.

Und nun hören Sie sich dies einmal an!

Prinz Louis Ferdinand von Preußen war ein Enkel des Soldatenkönigs, ein Sohn Ferdinands, des jüngsten Bruders Friedrichs des Großen. Er ist als Komponist fast vergessen. Man hört ihn fast nie im Rundfunk oder in Konzertsälen. Kaum jemand kennt ihn. In Musiklexika bekam er nur ein paar Zeilen als einer von vielen dilettantisch komponierenden Adeligen. Das ist schade.

Ähnlich wie die Musik von Haydn macht sie beim Hören einfach froh und glücklich, ohne im Geringsten gefällig seicht zu sein. Louis Ferdinand beherrschte Musiktheorie, Harmonielehre und Formenlehre, und er hatte unverwechselbare Einfälle. Der Klavierpart ist ausgesprochen schwer, was beweist, dass dieser Prinz ein Pianist von hohem Rang war. Da mogelt man sich nicht durch. Und er hat das alles selbst gespielt.

Von der Form her ist es Musik aus der Zeit von Beethoven. Beethoven hat Louis Ferdinand übrigens bescheinigt, dass er gar nicht „wie ein Prinz“ spiele, sondern wie ein sehr gut ausgebildeter Konzertpianist, und ihm darum sogar sein 3. Klavierkonzert gewidmet – sicher nicht aus Schmeichelei oder Berechnung, denn Louis Ferdinand hatte weder Geld noch für Beethoven wichtige Beziehungen.

Musikalisch aber ist das schon Romantik. Das hat Robert Schumann bescheinigt, der erst nach Louis Ferdinands Tod geboren wurde. Louis Ferdinand weist über die Epoche von Beethoven hinaus in eine ganz neue Zeit. Hören Sie sich die langsamen Sätze an! Auf YouTube findet man einiges von Louis Ferdinand.

Dazu war also ein Enkel des Soldatenkönigs im Stande.

Er wurde nur vierunddreißig Jahre alt und hat nur dreizehn Kammermusikwerke komponiert. Das ganze Lebenswerk passt auf fünf CDs. Aber die haben es in sich.

Es lohnt sich, sich mit dieser Musik zu beschäftigen. Es lohnt sich, mehr über diesen so früh gestorbenen hochbegabten Mann zu lesen.

Demnächst in diesem Theater: Wie kann man sich all diese Namen merken? – Gedächtnistraining für lange Winterabende.

  3 Responses to “Musik für lange Winterabende”

  1. Vielen Dank für den interessanten und kurzweiligen Beitrag.

    Wenn der Preußische Präsentiermarsch bei Staatsempfängen erklingt, wer denkt da noch an seinen Komponisten?
    Komponiert hat ihn Friedrich Wilhem III.

    Ich erinnere mich, dass mein Großvater, wenn im Fernsehen die Melodie erklang, halblaut mitgebrummt hat:

    Unser Majestät der König,
    zahlt uns viel zu wenig.
    ‘nen Taler woll’n wa haben,
    doch die kriegen wa aber nicht
    und für 23 Pfg. präsentieren wir nicht.

  2. Da sitze ich plötzlich und genieße die wunderbare Musik mit geschlossenen Augen.

    In dieser so unruhigen und unsicheren Welt ist es eine Wohltat, vor der Nachtruhe noch so schönen Tönen zu lauschen.

    • Als Louis Ferdinand diese Musik schrieb, kämpfte Preußen gegen Napoleon, und er mittendrin, als General, immer in vorderster Front. Das hat ihn dann auch das junge Leben gekostet.

      Wenn jemand die unruhige und unsichere Welt am eigenen Leibe erfahren hat, dann er. Dass so jemand zwischendurch solche Musik schreiben kann, ist kaum zu glauben. Erstens das Glück, dass die Musik ausstrahlt. Zweitens muss man die vielen Noten auch noch auf Papier bringen. Er hatte niemanden, der das für ihn erledigt hätte. Und man muss Klavier üben, damit man sowas spielen kann.

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